
Besser Unrecht erleiden als Unrecht tun – Sokrates‘ Ethik der Integrität
Warum sollte es besser sein, das Opfer zu sein, als der Täter? Die Antwort liegt nicht in der äußeren Welt, sondern im Inneren, dort, wo der Charakter geformt wird. Sokrates glaubte, dass die Seele – das moralische Zentrum des Menschen – wichtiger ist als alles, was uns widerfahren kann. Wenn wir Unrecht tun, verletzen wir diese Seele, entweihen unsere Integrität und trüben das Licht, das in uns brennt.
Unrecht erleiden ist schmerzhaft, ja. Es kann uns demütigen, zerstören, uns glauben lassen, dass die Welt ein grausamer Ort ist. Aber Unrecht tun? Das ist etwas anderes. Es hinterlässt Spuren in uns selbst, unsichtbare Narben, die wir mit uns tragen, lange nachdem der Moment vorbei ist. Es ist, als würde man Gift trinken, um jemand anderen zu vergiften.
Sokrates wusste, dass der äußere Schaden, den wir erleiden, begrenzt ist. Ein Schlag, ein Verlust, ein Verrat – all das vergeht. Aber der Schaden, den wir uns selbst zufügen, wenn wir Unrecht tun, ist wie ein langsames Verlöschen der Flamme, die uns menschlich macht.