Behalten Sie ihren Hammer! – Ronny

Eine Geschichte frei nach Paul Watzlawick.

Gib mir Deinen Hammer, aus der Sicht von Ronny

In einem kleinen Reihenhaus, zwischen Werkzeugkisten und einem Stapel alter Schlager-CDs, lebte Ronny, ein bärtiger Cis-Mann mit einer Mission: Er wollte ein Bild von Höcke aufhängen. Doch es gab einen Haken: Ronny besaß keinen Hammer mehr. Sein alter war beim Versuch, eine Bierkiste zu knacken, zerbrochen

Also fasste Ronny einen Entschluss: Er würde seine Nachbarin Alex fragen. Alex, eine non-binäre Transperson, lebte zwei Türen weiter. Umgeben von Topfpflanzen und immer mit einem Buch in der Hand. Doch kaum hatte er den Gedanken gefasst, nagten Zweifel an ihm. Was, wenn Alex ihn für rückständig hält? Was, wenn sie keinen Hammer hergibt? Gestern hatte sie ihn so freundlich gegrüßt – ein überschwängliches „Na, wie geht’s?“ statt des üblichen „Moin“. War das Ironie? War Alex etwa männerfeindlich? Ronny hatte ihr doch nie etwas getan – na gut, vielleicht hatte sein Grillrauch mal ihren Balkon eingenebelt, aber das war doch keine Absicht!

Die Gedanken wurden zur Flut. Was bildete sich diese Alex ein? Wenn Ronny jemanden um ein Bild von Höcke  bitten würde – nicht, dass er so einen Schatz je hergäbe –, würde er es wohl knurrend akzeptieren. Aber Alex? Die würde wahrscheinlich mit einem Vortrag über Nachhaltigkeit kommen und den Hammer als Kunstprojekt mystifizieren. Wie konnte man einem Kerl wie Ronny so eine kleine Bitte abschlagen? Typen wie Alex, diese woken Gutmenschen, machten einem das Leben einfach zur Hölle. Und dann diese Überheblichkeit! – dachte sie etwa, Ronny sei auf sie angewiesen? Nur weil sie einen Hammer hatte? Einen Hammer? Dieses hippe Accessoire der Weltverbesserer?

Nun reichte es ihm. Ronny’s Ärger kochte über. Diese Aktivistin – ja, jetzt war es raus – würde ihm vermutlich noch eine Lektion über Diversität erteilen, wenn er klopfte. Mit verschränkten Armen und dem Bild von Höcke unterm Arm stapfte Ronny los, läutete bei Alex Sturm. Als Alex – entspannt, mit einer Tasse Tee in der Hand – die Tür öffnete, brüllte Ronny: „Gib mir Deinen Hammer, Du Weltverbesserer!“ Ohne auf die Herausgabe des Hammers zu warten, drehte er sich um und marschierte mit geschwollener Brust zurück, überzeugt von der Idee, seine Ehre verteidigt zu haben.

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